Los Angeles - New York per Rad

Fredonia - Kanab - Springdale - Bryce Canyon City - Escalante - Boulder - Natural Bridges National Monument - Monticello

Eure tollen Antwortmails auf den letzten Rundbrief sind unsere spannenden Gute-Nacht-Geschichten, wenn wir jeweils in einer mehr oder minder feudalen Unterkunft, sprich Motel mit Internetanschluss, übernachten. Vielen, vielen Dank dafür, dass ihr uns auf dem Laufenden haltet, was ausserhalb unserer kleinen Velowelt sonst noch so geschieht.

Wir bitten euch um Verständnis, wenn wir euch keine persönlichen Antworten schicken. Der Feierabend ist jeweils viel zu
kurz, um alle „Sekretariatsarbeiten“ zu erledigen, und häufig sind wir auch schlichtweg zu müde. Die Frage von Nils, die nächtlichen Spuren im Sand um unser Zelt herum betreffend, beantworten wir aber gerne. Es soll sich um Spuren von Geckos, Skorpionen und Känguruhratten gehandelt haben. Die Koyoten hat man nur in der Ferne heulen gehört.

„Veloreise durch den Staat Utah in 13 Tagen“, das Thema dieses Rundbriefs. Wenn ihr Lust habt, nehmt euer Fotoalbum
von vor 20 oder 40 Jahren aus dem Bücherregal, startet den Computer und öffnet den Ordner mit den Amerika-Fotos vom letzten
Frühling oder Herbst, blättert im Geo-Spezial über die Nationalparks der USA oder sucht im Kuoni-Prospekt die Rubrik mit den Rundreisen im Südwesten der Vereinigten Staaten und bestaunt mit uns die Bilder der Naturschönheiten, die unvergleichlichen Landschaften, die Gesteinsformationen, die Farben-, Licht- und Schattenspiele im Tagesverlauf.
Wir lassen euch in Erinnerungen schwelgen. Vielleicht möchtet ihr uns beim Velofahren auf dieser Etappe nicht unbedingt
begleiten. Unserer Ansicht nach eignen sich in dieser Jahreszeit im Süden Utahs Autos, Camper und Motorräder besser als
Transportmittel als unsere Sonntags-Schönwetter-Radwander-Fahrzeuge. Zu gross sind die Distanzen zwischen Unterkunfts-
und Verpflegungsmöglichkeiten, zu gross die Temperatur- und Höhenunterschiede. Und trotzdem möchten wir diesen Abschnitt der Tour nicht missen. Wir staunen, bewundern, freuen uns, sind sprachlos ab so viel Eindrücklichem.
Und wir kämpfen (gegen den Wind), schwitzen (bei 45 Grad), leiden (meistens still und leise, ab und zu etwas lauter), schlottern (beim Zähne putzen und Zelt abbauen) und schieben sogar die Velos (Annegret, zugegeben zweimal). Aber lasst uns doch noch ein paar Bilder beisteuern. Bilder, die eventuell so in euren Fotoalben und -büchern nicht vorkommen.Bilder, die uns nicht mehr los lassen. Bilder, die zu unserer Reisegeschichte gehören.

Gruppenbild mit Jessica und David, Springdale, Zion NP
Als hätten wir nur schnell in Bern beim Loeb-Egge abgemacht: Der lustige, angeregte Abend mit Annegrets Arbeitskollegin und ihrem Partner, die eine zweieinhalbwöchige Reise durch Amerikas Westen unternehmen, Übernachtung im gleichen Motel und am nächsten Morgen noch einmal zusammen amerikanisch „zmörgele“, was für eine grosse Freude und fast schon eine kleine logistische Meisterleistung. Dass die beiden dann die anspruchsvolle Wanderung mit dem Ziel „Angel‘s Landing“ in Angriff nehmen, verdient unsere grösste Bewunderung. Wir nehmen es heute gemütlicher, gönnen unseren Oberschenkeln etwas Ruhe und besuchen nur den „Wheeping Rock“ und die „Emerald Pools“.  Dafür sind am Abend unsere Kleider frisch gewaschen und Martins Platten am Vorderrad zum 5. Mal geflickt.

Abenteuerbild mit Pickup-Truck
Im Zion Nationalpark ist die 1,5 km lange Tunneldurchfahrt für Velofahrer verboten. Wir warten geduldig, bis sich ein Kleinlastwagenfahrer bereit erklärt, uns und unsere Velos mitzunehmen. Liegt es an uns mitleiderregenden
Gestalten, am strahlenden Lächeln des Park-Rangers oder einfach an der unbeschreiblichen  Hilfsbereitschaft der
Amerikaner, dass die Mitfahrgelegenheit gar nicht lange auf sich warten lässt? Wir sitzen hingekauert hinten bei unseren „Göppeln“ auf der Ladefläche, lassen uns den Fahrtwind im dunklen Tunnel um die Helme wehen, und weil’s so spannend ist, wiederholen wir die Prozedur am übernächsten Tag in entgegengesetzter Richtung. Ja, der Zion Nationalpark ist für uns eine Sackgasse, weil auf unserer geplanten Route noch Schnee auf den Strassen liegt und sie für alle Fahrzeuge gesperrt sind.

Zielfoto mit Nebengeräuschen
Als wir am Tagesetappenziel ankommend, auf die letzte Kreuzung zufahren, stehen links und rechts am Strassenrand Menschen einer grossen Reisegruppe, die uns vor kurzem im Bus überholt haben, die applaudieren. Werden wir etwa vom Hauptfeld des „Race Across America“ eingeholt? Doch dieses Rennen findet erst in ein paar Wochen statt, also gilt der Applaus wohl uns. Verzeiht uns die Tränen der Rührung.

Bild mit Schutzengel
Wir fahren allein zu zweit seit einer Stunde auf einsamer Strasse durch rote, sandige, felsige Einöde. Das zweite Auto, das uns an diesem Morgen überholt, ist ein Pickup mit Wohnwagenanhänger. Auf der Gegenfahrbahn auf gleicher Höhe mit uns platzt beim Wohnwagen ein Reifen. Wir erschrecken gewaltig. Das Fahrzeug kommt ganz schön ins Schlingern und in Sekundenbruchteilen jagen uns Gedanken an Steve Lee und seinen Unfall durch den Kopf. Ein paar hundert Meter weiter bieten wir dann unsere Hilfe beim Reifenwechsel an. Die wird dankend abgelehnt, der Chauffeur erkundigt sich fürsorglich, ob wir auch genügend Wasser und Esswaren bei uns hätten, der kleine Hund auf dem Beifahrersitz darf uns noch schnell begrüssen und ein Kunststücklein vorführen und eine Viertelstunde später werden wir hupend und winkend mit intakten Pneus überholt.

Radarbild
Eine alte Radfahrerweisheit besagt: wenn man lange genug den Berg hochfährt, geht’s irgendwann auch wieder hinunter. Gesagt, getan. Nach 15 km (!) Talfahrt kommt Martin so richtig in Schuss und saust mit über 74km/h, was neuen persönlichen Rekord mit Vollpackung bedeutet, die autoleere, BFF (Auflösung siehe im Anhang) Strasse hinunter. Hasenfuss Annegret fängt bei 61 km/h an zu bremsen…

Bild mit Cowboyhut
Ja, wir stehen dazu. Manchmal sind wir auch ganz gewöhnliche Touristen, die Veranstaltungen besuchen, die hauptsächlich
für Touristen angeboten werden. Denn wie erklären wir sonst die Abwesenheit von „richtigen“ Amerikanern und alleinige
Anwesenheit von Franzosen, Franzosen, Franzosen, Spaniern, Franzosen, Franzosen, Deutschen, Holländern und vier (!)
Schweizern am Western Dinner Abend mit lassowerfenden, peitschenknallenden, Steak-servierenden, Country-Lieder-singenden Cowboys? Vreni und Peter, Walliser, die anderen zwei Schweizer, sitzen am Nebentisch, sind seit 8 Monaten (nicht mit dem Velo) unterwegs und müssen sich genauso wie wir, den an der Bar bestellten und bezahlten Wein von einer jungen Dame im Schlepptau an den 2 Meter entfernten Tisch bringen lassen. Mit Alkohol in der Öffentlichkeit herumzulaufen ist verboten. Prost!

Bild vom Profi
Ein strahlender, sehr kalter Morgen. Die über Nacht bewässerten Obstbäume hängen voller glitzernder Eiszapfen. Auf den Feldern mit den überdimensionalen Sprinkleranlagen liegt eine Eisschicht. Wir werden zweimal vom gleichen Auto überholt. Der Fahrer steigt jeweils aus, baut sein Fotostativ auf und fotografiert, knipst und knipst. Schlussendlich drückt er uns seine Visitenkarte in die
Hand und meint, unsere Veloshirts würden einen fantastischen Kontrast zur Strasse und den Steilwänden des Escalante
Staircase National Monuments bilden. Die Fotos stünden in etwa zwei Wochen gratis zum Download bereit.

Bild für den Bauernkalender
Eine kleine Herde Kühe weidet entlang der dichtbefahrenen Strasse gemütlich vor sich hin – bis wir harmlosen Zweiradfahrer
auftauchen! Wie auf Kommando schauen alle in unsere Richtung, hören auf zu (wieder-)käuen und starren und glotzen, als
hätten wir Schoggihörner.

Der Himmel weint, als wir Utah verlassen. Der Himmel über Colorado weint Freudentränen. Rocky Mountains, wir kommen!

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