The Great Divide Mountainbike Expedition

Juli - Oktober 1999 - Ruedi Anneler, Büren a.A., Schweiz

Übersicht

Zusammen mit elf weiteren Personen (neun Amerikaner, eine Kanadierin und eine Schweizerin) reiste ich während drei Monaten mit dem Mountain-Bike offroad durch die USA. Unsere Reise begann an der kanadischen Grenze südlich von Calgary. Auf zahlreichen Minen- und Forststrassen erreichten wir nach über siebzig Reisetagen die mexikanische Grenze irgendwo im Nirgendwo zwischen El Paso und Tucson.

Auf den 4'750 Kilometern Naturstrassen mit 68'000 Metern Höhendifferenz haben wir atemberaubende Landschaften gesehen, sind Bären, Schlangen und Elchen begegnet, haben geschwitzt und gefroren, Hunger und Durst gehabt, Euphorie und Müdigkeit erfahren und nicht zuletzt auch unsere Grenzen kennengelernt.

Von den phantastischen und abenteuerlichen Erlebnissen dieser Reise handelt der vorliegende Bericht.

Übrigens - auch wenn Sie nicht gerade mal eben drei Monate übrig haben, lohnt sich die Befahrung einzelner Teilstrecken bestimmt !

Und nun wünsche ich Ihnen bei der Lektüre viel Freude und anregende Stunden für Ihre eigenen Reisen !

Motivation

"Meine" Meilen:
Wenn Sie irgend einmal ihren eigenen Namen auf einer Landkarte gedruckt vorfinden, möchten sie dann nicht auch hinfahren und sehen, wie "Ihre" Gegend aussieht? Im Sommer 1999 bot sich mir die Gelegenheit dazu.

Bereits 1987 reisten meine Frau, unser Sohn Samuel - damals gerade mal viereinhalb Jahre alt - und ich per Rad, Auto und Bahn und Schiff durch Kanada und die Vereinigten Staaten von Amerika. Bei der Vorbereitung auf diese Reise fanden wir die Radkarten der 1976 anlässlich der 200-Jahr-Feier der USA gegründeten amerikanischen Organisation BikeCentennial (heute Adventure Cycling Association) in Missoula, Montana. Alle darin aufgeführten Routen führen den Radler auf verkehrsarmen Strassen durch interessante und vielfach unbekannte Teile der USA.

Ein Jahr später weckte ein Inserat von Adventure Cycling wieder unser Interesse. Das Gründungsmitglied Michael McCoy wollte als Ergänzung zu den Strassenrouten eine längere, durchgehend mit Gepäck befahrbare Mountain-Bike Route durch die USA beschreiben. Als Thema und roten Faden für die Streckenführung wählte Mike die in Nord/Süd-Richtung verlaufende Wasserscheide (The Great Divide) zwischen dem atlantischen und dem pazifischem Ozean.

USA - The Great Divide Mountainbike Expeditionzoom

Die Route beginnt an der nördlichen Grenze der USA zu Kanada und endet an der südlichen Grenze der USA zu Mexiko.

 

Mike und der Organisation fehlte zwar das Geld, um das ehrgeizige Vorhaben in die Tat umzusetzen, aber sie hatten eine Idee: Sponsoring!
Wer möchte nicht gern einmal seinen eigenen Namen auf einer geografischen Karte gedruckt sehen und dabei auch gleich noch einen guten Zweck unterstützen? Adventure Cycling macht's möglich! Mike schlug vor, die Entwicklung der Karten von Sponsoren finanzieren zu lassen. Pro zu erschliessende Meile ist ein Betrag von US $ 100.-- zu spenden. Als Gegenleistung wird dem Spender ein von ihm frei wählbarer Strecken-Abschnitt gewidmet und mit dem Namen des Spenders in der Karte eingetragen.

Die Rechnung ging auf. Mike erhielt mit dieser Idee alle für die Erkundung und Beschreibung der Route erforderlichen Fahrzeuge, Ausrüstung und finanziellen Mittel. Der dreieinhalb Jahre dauernde Entwicklungsprozess erwies sich als ausserordentlich schwierig. Unter anderem wehrten sich auch einige ortsansässige Mountain-Bike Clubs gegen die befürchtete Invasion durch ortsfremde Biker. Aber der grosse Einsatz aller Beteiligten trug schlöiesslich doch Früchte:

Im Frühjahr 1998 wurden die letzten zwei der insgesamt sechs Karten fertiggestellt. Übrigens, falls irgend jemand Adventure Cycling's Idee ebenfalls mag - es gibt noch immer absolut traumhafte Gebiete ohne Sponsor!

Vorbereitung

Mit der Expeditions-Vorbereitung beginne ich bereits im August 1998. Bis zum Start im Juni des nächsten Jahres ist noch einiges zu tun.

  • Urlaub
    Den für den Trip benötigten sechswöchigen unbezahlten Urlaub hat mir mein Chef bei IBM, Herr Norbert Ender, grosszügig gewährt. Zusammen mit den sechs mir zustehenden Ferienwochen ist damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Teilnahme gegeben.

  • Anmeldung
    Aufgrund der eher negativen Erfahrungen bei der ersten Expedition - etliche Teilnehmer fielen unterwegs aus - trennt der Veranstalter bereits im Januar 1999 die Spreu vom Weizen:
    Der allen Interessenten zugestellte Fragebogen erkundigt sich sowohl nach der Erfahrung mit Radreisen als auch nach den Trainingsplänen während der Vorbereitung auf die Reise. Die "Auserwählten" erhalten im Anschluss an dieses Verfahren eine Vorbereitungs- und Ausrüstungs-Liste zugestellt - und natürlich auch die Zahlungsaufforderung.

  • Kosten
    Der Preis für die gesamte Expedition ohne An- und Rückreise beträgt nur US$ 2'800.--. Ein wirklich günstiges Angebot für 75 Tage, zwei Leiter, ale Campinggebühren und drei Mahlzeiten pro Tag!
Trainingzoom
  • Training
    Ab dem ersten Januar beginne ich gezielt zu trainieren. Da bis in den März hinein viel Schnee liegt, bleibt mir nur die Rolle in der Garage. Es ist hart, morgens um viertel vor fünf aufzustehen und die geplante Stunde zu strampeln, bevor es zur Arbeit geht. Die Armmuskulatur profitiert vom Hanteltraining mit zwei an einem Rohr befestigten Backsteinen. Aber auch die Handgelenke und die Hände brauchen etwas Auffrischung. Das Trainingsgerät - eine um ein Rohr aufzurollende Schnur mit einem Gewicht am unteren Ende - ist schnell hergestellt und sehr effizient.
    Bis zum Abflug habe ich über 3'000 km in den Beinen. Ich fühle mich fit.
  • Ausrüstung
    Die gesamte Ausrüstung muss qualitativ hochwertig sein. Es kostet mich eine grössere Summe, noch Fehlendes anzuschaffen und in die Jahre Gekommenes durch Neues zu ersetzen. Die grössten Posten sind Bekleidung, Photomaterial (Kamera und Filme), ein neues Zelt und ein neuer Kunstfaser-Schlafsack (der vorhande Daunensack trocknet nach dem Nasswerden nicht schnell genug).
    Die Versorgungsmöglichkeiten unterwegs sind bescheiden. Es muss viel mitgenommen werden. Trotzdem sollte das Gepäck nicht zu schwer werden. Gemäss Aussagen von Adventure Cycling wird jeder Teilnehmer zusätzlich zu seiner persönlichen Ausrüstung 4-5 Kg Gruppenmaterial und bis zu 10 Liter Wasser (im Süden ist Trinkwasser ausgesprochen knapp) mitnehmen müssen.
    Auch ich habe mittlerweile eine im Laufe der Jahre ständig verbesserte Ausrüstungs-Checkliste für solche Reisen. Neu darauf sind nur einige wenige eher ausgefallene Dinge, darunter zum Beispiel ein Pfefferspray zur Bärenabwehr. Die Überarbeitung dieser Liste hält mich etliche Wochen auf Trab. Alles wird gewogen, sogar die Badehose. Das Totalgewicht von zu Beginn über 30 Kilogramm gibt mir zu denken. Alles nicht unbedingt Notwendige werfe ich raus. Mit Hängen und Würgen drücke ich schliesslich das Gewicht auf knapp 25 Kilogramm. Vermutlich ist das immer noch zuviel.
Spitalzoom
  • Neue Horizonte - einmal anders
    Anfangs März macht sich ein Bandscheibenschaden, an dem ich bereits seit Januar herumlaborierte, äusserst heftig bemerkbar. Ich krieche zuhause auf dem Fussboden herum, da ich kaum mehr aufstehen und gehen kann. Meine Teilnahme an der Expedition scheint in weite Ferne gerückt. Radfahren kann ich erstaunlicherweise praktisch ohne Schmerzen. Nur das Auf- und Absteigen ist problematisch. Der Neurochirurg Herr Dr. Steinsiepe aus Bern leitet anfangs April mit zwei präzis gesetzten Depotspritzen den Heilungsprozess für den eingeklemmten und angeschwollenen Nerv ein. Durch seine Weigerung, die defekte Bandscheibe zu operieren, rettet er meine Teilnahme an der Expedition. Meine Besorgnis, ob mein Rücken den zu erwartenden Strapazen wird standhalten können, ist gross. Aber die Aussage des Arztes, dass auch mit einer Operation keine wesentliche Besserung des aktuellen Zustandes zu erzielen ist, gibt mir dann den letzten Anstoss zum Entscheid:
    Mitte Mai teile ich dem Veranstalter mit, dass ich dabei sein werde.


  • Presse
    Die Redaktorin Frau Bea Asper - später abgelöst durch ihre Nachfolgerin Frau Myriam Sperisen - erklärt sich freundlicherweise bereit, während und nach der Reise im Grenchner Tagblatt über die Expedition zu berichten.

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