Kanadier Zweiplätzer White Guide 18.5

Holzboot - Rot-Zeder, Kiefer, Eiche, Okoume, Mahagoni
Hersteller: Ruedi Anneler, www.biber-boote.ch, Büren an der Aare, Schweiz

Ergebnis

Der Kanadier White Guide 18.5 ist fertiggestellt.
Das Boot ist 5,65 Meter lang, 80 cm breit und 30 cm hoch (in der Bootsmittte). Es wiegt ca. 34 Kg.

Die Entwerfer des Boots sind die Gebrüder White, die Pläne dafür stammen aus dem Buch von Gil Gilpatrick (siehe unten).

Motivation

Nach dem Bau von zwei Skin on Frame Booten (West Groenland Kajak und Superleichter Kanadier Nimrod 12) will ich jetzt wieder einmal etwas mit Zedernstreifen bauen. Diesmal soll es ein Kanadier sein.

Voraussetzungen

Der Aufbau ist einfach. Es hilft aber auf jeden Fall, wenn man etwas Erfahrung mit der Bearbeitung von Holz und nicht gerade zwei linke Hände hat.

Man kann dieses Boot im Freien bauen. Im Winter oder bei schlechtem Wetter ist aber ein geschützter Platz mit einer Länge von ca. 6,5 Metern und einer Breite von ca. 3 Metern von Vorteil.

Für den Bau braucht man

  • Ein Metermass
  • Einen Bleistift
  • Ein Teppichmesser
  • Einen kleinen Handhobel (z.Bsp. von Stanley)
  • Eine Japansäge
  • Eine Japanraspel
  • Eine Bohrmaschine / Schraubendreher (ein guter Akku-Schrauber ist optimal)
  • Eine Orbit Schleifmaschine (Rotation und Vibration)
  • Ein Teppichmesser
  • Diverse Holzbohrer
  • Diverse Bits für Torx-Schrauben
  • Zwei Unterstellböcke
  • Eine Stichsäge
  • Der Zugriff auf eine gute, professionelle Bandsäge erleichtert die Anfertigung einiger Teile (wie z.B. Formen und Stems)
  • Optional eine Oberfräse mit Abrund und Bündigfräsern
  • Diverse Schleifklötze
  • Ein langes Schleifbrett (kann man auch selber machen)
  • Schleifpapier mit den Körnungen 60, 80 und 120
  • Schwammpinsel mit guter Qualtität zum Auftragen von Epoxy
  • Viele Schraubzwingen und Klemmen
  • Ablagemöglichkeiten für Werkzeuge und Holzleisten
  • Einen starken Willen
  • Einfallsreichtum
  • Ausdauer
  • Hartnäckigkeit
  • Zwei nicht ganz unbegabte Hände

Beschaffung

Bauplan und Bauanleitung

Die Bauananleitung mit Plänen findet man im sehr gut gemachten Buch von Gil Gilpatrick "Building a Strip Canoe"
Das Buch enthält Baupläne im Massstab 1:1 für acht verschiedene Kanadier und für den Selbstbau eines Kanadierpaddels.

Material

Zeder, Leisten (Cove and Bead Strips)
Habe ich nach längerem Suchen bei Sommerfeld und Thiele bekommen.
Leider liess die Qualität zu wünschen übrig - über zehn Prozent davon waren ungenau befräst (Bed nicht tief genug, Cove nicht vollständig rund, Bed und Cove ausser der Leistenmitte) und mussten weggeworfen werden.

Wirklich perfekte Leisten habe ich bisher nur bei CLC Boats USA bekommen - allerdings sind die Frachtkosten aus den USA recht hoch (fragen Sie CLC Boats).

Kiefer Leisten
Helle Akzentstreifen am Rumpf, gekauft bei www.balsa.ch (Schreinerei Richard Kläger)
Halter für Luftkammern

Eiche Leisten, Buche Leisten
Scheuerleisten und Decks, Lieferanten Sommerfeld und Thiele und Schreinerei Kläger

Mahagoni Sperrholz
Luftkammern in Bug und Heck, Lieferant www.balsa.ch (Schreinerei Richard Kläger)

Glasgewebe
Lieferant CLC Boats, Annapolis, USA

Lüftungsstopfen für die Luftkammern
Lieferant CLC Boats, Annapolis, USA

EPOXYD Harz und Härter
West System, Lieferant Sommerfeld und Thiele (zusammen mit dem Holz)

TORX Schrauben
Zum Zusammenschrauben der Helling - Verschiedene Dicken und Längen, gibt es im Baumarkt
Beachten
Rostfreie Torxschrauben sind weniger geeignet, da der Kopf beim kräftigen Festziehen gerne abbricht

Verzinkte Senkkopfschrauben, Scheiben und Muttern (M6)
Montage Sitze, Yoke und Streben, Lieferant COOP Baumarkt

Achten Sie unbedingt auf Qualität !
Wenn Sie lange genug suchen, werden Sie immer jemanden finden, der Ihnen das Benötigte billiger anbietet. Wenn Sie beim Material unbedingt sparen wollen und Ihre Arbeitszeit nichts wert ist, dann werden Sie sicher ein Opfer solcher Leute und der minderwertigen Qualität ihrer Produkte.

In Anbetracht des sehr hohen Arbeitsaufwandes für den Bau lohnt es sich NIE, billige/schlechte Ware zu kaufen!

Bau

Baubeginn 08.November 2013, Fertigstellung Ende Juni 2015
Bauzeit Um die 400 Stunden
Zusätzliche Bauzeit für die zwei Paddel ca. 45 Stunden
Zusätzliche Bauzeit für die beiden geflochtenen Sitze ca. 48 Stunden

Galerie

Die Galerie kann mehrere Seiten umfassen. Die Links zum Blättern befinden sich am Ende der hier gezeigten Bilder.

Beschreibung

Am 8. November 2013 beginne ich mit dem Bau.
Zuerst beschaffe ich das benötigte Holz für die Mallen (12 mm Sperrholz) und deren Befestigung auf dem Strongback (Leisten ca. 24 x 25 mm) im Baumarkt.

Eine lange Helling in der Form eines sechs Meter langen viereckigen Kastens habe ich bereits gebaut. Ich übertrage die Formen mit Durchschreibepapier von Viking Bürobedarf (ist nicht mehr zeitgemäss und daher nicht ganz leicht zu bekommen, aber die Firma Pelikan stellt das noch her) vom Plan auf das Sperrholz.
Beim Schreiner säge ich auf einer professionellen Bandsäge die elf Formen für den Rumpf und die zwei Formen für die beiden Enden zurecht. Um Holz zu sparen, mache ich diese Teile nicht in der allgemein üblichen Pilzform, sondern nur in der für den Rumpfbau wirklich benötigten Höhe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Teile in unterschiedlichen Höhen mit der Helling verschraubt werden müssen, und dass die Oberkanten der beiden Endstücke wesentlich unterhalb der Helling zu liegen kommen. Die beiden Endstücke vorn und hinten und auch der Rumpf haben Hinterschneidungen. Die Formen, die Endstücke und den darauf gefertigten Rumpf kann man deshalb nur als Ganzes und zusammen von der Helling abheben. Dafür müssen die Formen und die Endstücke so mit der Helling verschraubt sein, dass alle Verschraubungen nach der Fertigstellung des Rumpfs noch zugänglich sind und gelöst werden können und dass man auch alles zusammen von der Helling trennen kann.

Mit einer Schnur die Formen in der Höhe und seitlich genau gerade ausrichten und mit Schraubzwingen an den bereits mit dem Helling verschraubten Quer-Leisten fest klemmen. Das geht am Besten zu zweit. Dann alle Formen mit der Helling verschrauben. Zuletzt die beiden Endstücke mit den Formen 1 und 11 und der Helling verschrauben. Längs über die gesamte Form peilen, um sicherzustellen, dass alles gerade ist. Mit einer langen Leiste ermitteln, wie die beidseitige Abschrägung der Kanten der Endstücke aussehen muss. Die Kanten beidseitig mit der  Stichsäge wegschneiden. Die Schrägen mit der Japanraspel fertig formen und mit dem Orbit-Sander glatt schleifen.

Da das Boot nur 20 Zentimeter kürzer ist als meine Garage, muss ich die Bauform beim Arbeiten immer etwa einen halben Meter aus der Garage herausziehen. Die Form ist relativ schwer, Tragen ist daher keine Option. Darum baue ich einen kleinen Bock mit Rädern, der an einem Ende der Bauform mit dieser verschraubt wird. Das andere Ende kommt auf einen Unterstellbock zu liegen. So muss ich nur ein Ende anheben, um die Form einfach bewegen zu können.

An ungefähr 12 Metern der Zeder Leisten wird die gerundete Seite weggeschnitten. Diese nun rechtwinklige Kante bildet später die Oberkante des Rumpfs. Diese Leisten werden mit Scarf-Joints so zusammengefügt, dass zwei Leisten in der vollen Bootslänge entstehen. Die eine dieser Leisten mit Hilfe von Sperrholzstücken und Schraubzwingen auf den Formen befestigen. Wenn die Leiste auf der ausgefrästen, jetzt nach oben zeigenden Bett-Seite gepresst werden muss, verhindert ein in das Bett eingelegter kleiner halbrunder Stab eine Beschädigung der feinen Kanten an der Leiste. Ist diese auf der ganzen Länge befestigt, muss sie von der Seite und von vorne und hinten gesehen einen fein geschwungenen regelmässigen Bogen ohne Dellen aufweisen. Von der Seite aus gesehen verläuft die Leiste links und rechts der Bootsmitte gerade, um dann zu den beiden Enden hin in einem schön geschwungenen Bogen anzusteigen. Wenn man die Leiste aus einer gewissen Entfernung von der Seite und von vorne und hinten genau ansieht, sind selbst geringste Beulen und Dellen darin gut zu erkennen. Solange Korrekturen in der Seite und der Höhe vornehmen, bis die Leiste einen perfekten aussehenden Verlauf hat. Dann erwst wird die erste Leiste auf der anderen Bootsseite montiert. Wenn auch die korrekt verläuft, werden die Enden beider Leisten vorne und hinten mit Epoxy verleimt.

Jetzt beginnt die Montage der übrigen Leisten. Da ich ohne Heftklammern und ohne Schrauben arbeite, geht das recht langsam voran. Jede neue Leiste wird für das Verleimen mit kleinen Sperrholzstücken gegen die Formen und mit Paketband gegen die  vorhergehende Leiste gepresst. Diese Fixierungen können erst dann abgenommen werden, wenn die Klebeverbindung fest geworden ist. So kommen pro Tag maximal vier neue Leisten auf das Boot. Das ist ideal für jemanden, der nur am Morgen früh und am Abend Zeit zum Bauen hat :-)).
Mein Boot bekommt auf der Seite je einen Zierstreifen. Dazu halbiere ich auf der Tischkreissäge einige Leisten aus sehr dunklem Holz. Dazwischen kommt dann eine schmale Leiste aus sehr hellem Holz (z.B. Weisszeder) zu liegen. Das Ganze ergibt dann einen netten Kontrast zum Rumpf mit seinen rotbraun gefärbten Zeder Leisten.

Die Vorgänge beginnen sich jetzt zu gleichen:

  • Jeweils zwei Leisten müssen in der Länge zusammengesetzt werden, um die ganze Bootslänge abzudecken
    Dazu zwei Leisten auswählen, deren Farbe und Maserung einigermassen gleich ist
  • An den Leistenenden, die zusammenkommen sollen, mit der Japansäge je einen Scarf Joint (Schrägschnitt) anschneiden
  • Genügend Paketklebeband-Stücke zuschneiden, um die Leisten beim Verkleben zusammenpressen zu können
  • Genügend Schraubklemmen und Fixierwinkel bereit legen, mit denen die Leisten auf die Form gepresst werden
  • Die erste Leiste auf die Form legen und die Schnittstelle zur zweiten Leiste anzeichnen
  • Die Vertiefung auf der Oberseite der bereits festgeklebten Leiste mit Kleber bestreichen
  • Die erste der neuen Leisten hinzufügen und auf der ganzen Länge ausrichten, zusammenpressen und mit Paketklebeband, Fixierwinkeln und Schraubklemmen fixieren
  • Kleber für die zweite Leiste auftragen
  • Die zweite der neuen Leisten hinzufügen, auf der ganzen Länge ausrichten, zusammenpressen und mit Paketklebeband, Fixierwinkeln und Schraubklemmen fixieren
  • Die Stelle, an der beide Leisten zusammengefügt sind, pressen und fixieren
  • Die Leistenenden an den Steven mit Epoxy verkleben und fixieren
  • Warten, bis alles fest geworden ist
  • Alle Schraubklemmen und Fixierwinkel abbauen
  • Alle Paketklebebänder abziehen
  • Und dann geht es auf der anderen Seite genau so weiter ...

Alles in allem benötige ich für die Montage von zwei zusammengefügten Leisten auf einer Bootsseite ungefähr eine Stunde. Bei dieser zur Routine werdenden Arbeit ist volle Konzentration gefragt. Allfällige kleine Lücken kann man später mit Epoxy und Holzschliff zuspachteln, aber die Schmalseiten der Zeder Leisten müssen möglichst genau aufeinander passen. Abweichungen von einem bis zwei Zehntelmillimetern lassen sich am fertig verklebten Rumpf mit vertretbarem Aufwand glatt schleifen, aber wenn es mehr ist, bekommt man das kaum noch sauber hin. Besonders kritisch sind nicht die stark gebogenen Stellen am Rumpf, sondern die, an denen die Leisten eine nahezu ebene Fläche bilden. Wenn man hier die Leisten mit einer auch nur sehr geringen Vertiefung zwischen den einzelnen Bauformen einbaut, lässt sich das säter nicht mehr korrigieren.

Als der Rumpf wächst, stehen die Leisten mehr und mehr unter Spannung. Am Boden des Boots liegen sie horizontal, an den Enden stehen sie senkrecht. Damit sie der Biegung des oberen (auf der Form unten liegenden) Bootsrandes folgen, müssen sie zudem an den Enden auch noch nach unten gebogen werden. Die hohe für diese Verdrehung erforderliche Kraft lässt sich am einfachsten mit einer am Ende der Leiste festgeklemmten Schraubzwinge beherrschen. Ein an der Schraubzwinge befestigtes Klebeband hält das Ganze im genau richtigen Winkel so lange fest, bis der Kleber ausgehärtet ist. Während die Streifen untereinander mit Titebond Original Wood Glue verleimt werden, verleime ich sie mit dem Innensteven mit Epoxy Harz, das mit Baumwollflocken eingedickt worden ist.

Am 26. Dezember berühren sich die Streifen an den beiden Bootsenden. Die Beplankung der beiden Seiten und eines Teils des Bodens ist damit abgeschlossen. Als Nächstes werden die zwei Kielstreifen eingepasst. Die Enden müssen mit einem Messer, einem kleinen Hobel und mit Schleifpapier genau in die Lücke passend zurecht geschnitten werden. Mit Sperrholzwinkeln werden die beiden Streifen auf die Mallen geklemmt und in der Mitte zusammengeklebt. Mit einer gespannten Schnur stelle ich sicher, dass sie genau gerade verlaufen.

Dann messe ich auf beiden Seiten der Mittellinie den Abstand zur letzten bereits eingebauten Leiste. Die Abstände sollten auf beiden Seiten gleich sein, sind es aber nicht. Da ich einen symmetrischen Boden haben will, korrigiere ich die Abweichungen mit passend gehobelten dünnen Leisten.

Jetzt werden die restlichen Leisten zum Schliessen des Bodens eingebaut. Ich wähle dazu die Struktur "Doppeltes Hering Rückgrat". Dabei wird abwechselnd immer je eine Leiste auf der Aussenseite und der Innenseite des Boots eingebaut. Das gibt eine schön anzusehende Struktur. Vor dem Verkleben muss das Ende einer jeden Leiste mit dem Messer, dem Hobel und Schleifpapier passend gemacht werden. Mit etwas Routine geht das recht schnell und einfach.

Parallel zum Schliessen  des Bodens überlege ich mir, wie ich die Aussensteven machen will. Gilpatrick sieht in seinem Buch weder einen Innen- noch einen Aussensteven vor. Er sagt, dass man sich diese Arbeit sparen kann. Da ich den Kontrast von unterschiedlichen Hölzern für Rumpf und Steven schön finde, werde ich trotzdem einen Aussensteven machen. An meinen Kayaks habe ich dazu ein Buchenbrett angeleimt, aber das Anpassen der Rundung von Steven und Rumpf ist wirklich heikel und sehr arbeitsintensiv. Wesentlich einfacher und schneller ist es, vorgebogene Leisten direkt auf dem Boot zusammenzuleimen.

Ein Teekocher und ein Rohr aus Dämmplatten sind die einfache Vorrichtung zum Dämpfen der für den Steven vorgesehenen Escheleisten (20x4mm). Nach zirka 15 Minuten im Dampf sind diese weich und können mit Hilfe einer Lehre in die gewünschte Form gebogen werden. Ein aussen verlaufender Packgurt verhindert das Reissen der Leisten auf der Aussenseite. Nach dem Auskühlen federn sie zwar zurück, behalten aber doch in etwa die gewünschte Endform. Nachdem die Leisten völlig durchgetrocknet sind, wird die erste Leiste mit einem Mix aus Epoxy, Baumwollflocken und Holz-Schleifstaub mit dem Rumpf verklebt. Dann werden die restlichen Leisten werden mit Epoxy - mit Baumwollflocken eingedickt - mit der ersten Lesite und miteinander verklebt.

Die laminierten Aussensteven werden mit der Japansäge, einem kleinen Handhobel und einer japanischen Säge-Raspel (Shinto Raspel) and den Rumpf angepasst. Dabei ist Sorgfalt angesagt. Mit einem abrutschenden Werkzeug haut man schnell und unwiderbringlich eine Kerbe in das weiche Zedernholz der Hülle. Und es wäre doch wirklich schade um die beim Beplanken angewandte Sorgfalt. Nach dem Raspeln der Steven beginnt das Schleifen von Rumpf und Steven. Dazu verwende ich ein selbst gebautes Schleifbrett - 7 Zentimer breit, 44 Zentimeter lang und mit zwei Griffen versehen - und Schleifpapier der Körnung 60. Ein langes, von Hand geschobenes Schleifbrett verhindert das Einschleifen von Vertiefungen. Mit einem Orbit-Schleifer geht das Schleifen zwar wesentlich schneller als von Hand, doch das Risiko ist beträchtlich, dabei Dellen in den noch weichen Rumpf zu schleifen. Aus Erfahrung weiss ich mittlerweile, dass die nachfolgende sehr aufwendige Arbeit, solche Beulen beim Überziehen mit Glasgewebe und Epoxy auffüllen zu müssen, den Zeitgewinn beim maschinellen Schleifen niemals lohnt.

Die Pausen beim manuellen Schleifen - das ist wirklich harte körperliche Arbeit - nutze ich, um die Buchenleisten für die Thwarts und den Yoke zu verleimen und nach dem Aushärten der Verklebung plan zu schleifen. Diese Rohlinge schneide ich dann auf einer Bandsäge in die gewünschte, elegant geschwungene Form. Stichsägen tendieren dazu, nicht genau lotrechte Schnitte zu liefern, besonders bei dickem Material. Dankbar nutze ich die senkrecht stehende Schleiftrommel beim Schreiner, um die Sägemarken herauszuschleifen. Das geht halt doch viel schneller und müheloser als von Hand. Mit der Oberfräse - mittlerweile habe ich gelernt, auch damit umzugehen - runde ich alle Kanten. Nach einem letzten Feinschliff von Hand sind Yoke und Thwarts bereit zum Lackieren.

Der Rumpf wird mit Glasgewebe bedeckt und dieses mit Epoxy getränkt. Da ich unbedingt die ganze Bootsbreite mit einer Lage Glas decken wollte, habe ich dafür silanbeschichtetes Gewebe (es gab in der gewünschten Breite nichts anderes) mit einer Breite von 1,6 Metern gekauft. Es stellt sich heraus, dass dieses Gewebe leider nur sehr schwer mit Harz zu tränken ist. Gemäss Auskunft des Verkäufers wird es normalerweise im Vakuumbeschichtungsverfahren eingesetzt. Dabei sorgt  ein in einer Plastikhülle durch Absaugen der Luft erzeugtes Vakuum dafür, dass das Harz in das Gewebe gepresst wird. Das als  letzte Schicht aufgebrachte Abreissgewebe saugt dabei das überschüssige Harz auf. Das von mir gewählte Gewebe ist für Handlamination nicht gut geeignet. Um die Druchtränkung trotzdem einigermassen hin zu bekommen, streiche ich den Rumpf zuerst mit Epoxy und bringe anschliessend das Gewebe auf das noch nasse Epoxy auf. Das Glasgewebe klebt natürlich sofort fest, verzieht sich und es ist wirklich schwierig, das ohne Falten hinzubekommen. Das Ergebnis ist schliesslich "na ja" - aber ich würde das ganz sicher nicht noch einmal so machen. Das Schleifen des Übergangs von zwei sich überlappenden Bahnen gibt sicher weit weniger Arbeit als das schlussendlich erforderlich gewordenen Schleifen des ganzen Rumpfs - und das ist eine richtige Schinderei!

Die Buchenleisten für die Sitze werden auf Länge gesägt, die Querstreben mit der Oberfräse für die Aufnahme der Längsstreben geschlitzt und an den Enden der Längsstreben die Zapfen gesägt. Eine Japansäge mit festem Rücken leistet dabei gute Dienste. Die einzelnen Teile der beiden Sitze werden mit Epoxy verleimt - wegen der Festigkeit kommen da Baumwollflocken und wegen der Farbe Holzschliff rein. Die Lochabstände werden berechnet, angezeichnet und die Löcher für die Bespannung werden gebohrt. Dann werden mit der Oberfräse alle Kanten gerundet und alles von Hand fein geschliffen. Auch die Rahmen für die Sitze  sind jetzt abgerundet und geschliffen. Sie werden, wie auch die Thwarts und der Yoke, zwei Mal mit Epoxy und anschliesend fünf Mal mit Zweikomponenten-Bootslack gestrichen.

Eine neue Herausforderung ist das Flechten der Sitzflächen. Es erweist sich trotz umfangreicher Recherchen im Internet und bei ausgewiesenen Flechtwerk-Fachleuten in der Schweiz und im Ausland schliesslich doch als unmöglich, das dafür benötigte Flechtmaterial Polyrattan (Plastic Cane) in Europa zu bekommen. Ich beziehe es deshalb in den USA, und zwar bei H.H. Perkins. Hier bekomme ich auch sehr gute Tipps zum Vorgehen, und ich bestelle die benötigten Werkzeuge Ahle und konische Holz-Zapfen gleich mit. Das Buch von Gilpatrick beschreibt den Vorgang Schritt für Schritt. Es braucht trotzdem zu Beginn viel Geduld und einige Anläufe, bis ich den Dreh wirklich heraushabe. Doch dann macht die Arbeit Freude, und auch das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Wegen einigen anderen Dingen (Wanderung Röstigrabenroute, Bau Stand Up Paddle Board Protoyp mit einem Kunden) habe ich einige Zeit nichts am Boot gemacht. Bevor ich den Rumpf aussen nun mit den zum Füllen der Gewebestruktur notwendigen  zusätzlichen Schichten Epoxy streichen kann, muss ich das gesamte Boot nochmals abschleifen. Die neu aufgetragenen Schichten haften sonst nicht richtig auf der mittlerweile vollständig ausgehärteten Glasgewebe/Epoxy Schicht. Puhhhh ... welch  eine Schinderei!

Zum Füllen der Gewebestruktur werden zwei weitere Schichten Epoxy aufgetragen. Dann endlich kann ich das Boot ab der Bauform nehmen. Das ist immer ein spannender Moment - können die Formen vom Strongback gelöst werden und lässt sich der Rumpf abheben oder wurde irgendwo etwas vergessen, so dass er nun unlösbar auf der Form festklebt? Erleichterung, alles geht gut, und auch die beiden Endstücke lösen sich nach einigen wirklich kräftigen Schlägen mit einem sehr grossen Hammer (es brauchte schon etwas Überwindung, da einfach draufzuhauen) und können herausgenommen werden.

Als Nächstes gilt es nun, den Rumpf innen zu schleifen. Auch das ist - vor allem wegen der nicht einwandfreien Qualität der verbauten Leisten, die nicht überall sauber aufeinander stehen und zudem von sehr unterschiedlicher Härte sind - eine recht mühselige und zeitraubende Angelegenheit. Leider lassen sich nur die einigermassen ebenen Flächen auf dem Boden und oben an den Seitenwänden mit der Maschine schleifen, der Rest ist mühselige, mehrere Tage erfordernde Handarbeit. Aber schliesslich ist auch das geschafft.

Der Rumpf wird innen mit zwei Schichten Glasgewebe versehen und mit Epoxy beschichtet. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit bekommt die zweitletzte Schicht zum Füllen der Gewebestruktur Amin-Blush. Das ist eine wachsartige Schicht, die zwar leicht mit Wasser zu entfernen ist, wenn man es denn rechtzeitig bemerkt. Da die Schicht extrem dünn und damit nicht zu sehen war, habe ich sie erst bemerkt, als das neu aufgetrgene Epoxy darauf nicht haftete und sich zu Pfützen zusammenzog. Wenn man einen Streifen Klebeband auf die ausgehärtete Schicht drückt und der darauf nicht hält, dann MUSS man die Oberfläche gründlich mit Wasser säubern und dann leicht anschleifen, bevor man weitermacht. Weder sofortiges Schleifen (das Wachs klebt dann in den vom Schleifpapier verursachten Kratzern) noch die Verwendung eines Lösungsmittels (das verschmiert die wachsartige Schicht bloss) entfernen Amin Blush zuverlässig. Man MUSS das mit Wasser abwaschen! Damit erspart man sich mit sehr wenig Aufwand viele weitere Stunden von unnötigem Schleifen. Wieder einmal etwas gelernt ...

Die Gunwales mache ich aus Eiche (20x20 mm). Da der Kanadier hochgebogene Enden hat, biege ich die Enden der Gunwales mit heissem Dampf und einigen auf einen Tisch geschraubten Klötzen vor. Die äusseren Gunwales werden mit dem Rumpf verleimt. In der Zwischenzeit habe ich eine Zeichnung der beiden Decks an den Enden gemacht. Ich werde die inneren Gunwales bis in die Enden hineinziehen und zwei Tragegriffe in die Decks integrieren. Die Decks baue ich aus Eicheleisten, die genau eingepasst und dann direkt im Boot verleimt werden.

Die an den beiden Enden eigebauten Luftkammer machen das Boot unsinkbar. Beide werden mit einem herausnehmbaren Lüftungszapfen versehen. Diese Zapfen versehe ich mit einer Bohrung mit 1 mm Durchmesser. Die sich ausdehnende Luft in den Kammern kann diese sprengen, wenn das Boot mit hermetisch geschlossenen Luftkammern an der Sonne liegen gelassen wird und ein Druckausgleich nicht möglich ist. Bei herausgenommenen Lüftungszapfen kann auch allfälliges Kondenswasser in den Kammern problemlos trocknen.

Die Leisten für die Verschraubung des hinteren Sitzes werden in die Hülle eingeklebt.

Als Nächstes baue ich die Längsträger ein, auf denen der vordere Sitz in der Längsrichtung verschoben werden kann. Nach einigem Überlegen finde ich schliesslich auch eine Lösung für die Befestigung des verschiebbaren vorderen Sitzes. Sie besteht aus zwei Leisten mit Einschraubmuttern, zwei Schrauben mit Griff zum Klemmen und zwei Messingblechen, die das Eindringen der Schrauben in die Längsträger verhindern. Die Lösung ist einfach, korrosionsresistent und sie funktioniert einwandfrei.

Am Schluss wird das Boot innen fünf Mal mit Epifanes 2K Polyurethan Klarlack lackeirt, der Boden bekommt eine zusätzliche Lage Lack mit Antirutschzusatz. Die Aussenseit des Rumpfs wird mit Epifanes 2K Polyurethan Lack in grüner Farbe (Nr. 859) lackiert .

Und jetzt geht es ab aufs Wasser. Das Boot ist kippstabil, die Sitze sind komfortabel und die Tragkraft ist mit über 330 Kilogramm beeindruckend - das ideale Reiseboot für Seen und grosse und kleine Flüsse!

Erfahrungen und Erkenntnisse

Die hier aufgeführten Dinge sind für ein gutes Gelingen wichtig.
Sie basieren auf meinen Erfahrungen beim Bau.

Helling
Der Bau der Helling ist aufwendig. Es ist wichtig und es lohnt sich, sich dafür Zeit zu nehmen. Die Formen müssen so genau wie irgend möglich in der Höhe und in der Längsrichtung ausgerichtet auf dem Strongback befestigt werden. Eine schiefe Bauform ergibt ein schiefes Boot!

Das Boot wird auf dem Kopf stehend gebaut. Der Kiel ist also während des Baus oben, die Oberkante des Boots ist unten.

Als Erstes alle Mallen mit einer senkrechten Mittellinie versehen. In der Mitte einer jeden Malle etwa 3 Zentimeter oberhalb des unteren Randes eine waagerechte Linie zeichnen. Am Kreuzungspunkt dieser waagerechten Linie mit der senkrechten Mittellinie ein 10 bis 12 Millimeter grosses Loch bohren. Eine reissfeste dünne Schnur durch diese Löcher führen. Die Mallen 1 und 11 auf dem Strongback festschrauben. Diese Mallen mit einer Wasserwaage oder einem grossen Metallwinkel rechtwinklig auf dem Strongback ausrichten und festschrauben. Die Schnur zwischen den Mittelpunkten der Löcher in den Mallen 1 und 11 spannen. Diese Schnur dient zur Ausrichtung der restlichen Mallen unten (Höhe und Seite). Für die korrekte Ausrichtung oben wird eine Schnur oben in der Mitte zwischen den beiden Mallen 1 und 11 gespannt. Restliche Mallen ausrichten und mit dem Strongback verschrauben.

Mit einem Winkelmass prüfen, ob die Formen senkrecht auf dem Strongback stehen. Sperrholz ist nicht immer verzugsfrei, und auch die zum Aufschrauben der Formen auf den Strongback verwendeten Leisten können einmal nicht genau rechtwinklig sein. Alle Mallen mit je einer senkrechten, rechtwinklig zum Strongback stehenden Leiste verschrauben.

Als zusätzliche Kontrolle kann man auch bei jeder Malle den Abstand von den beiden Mallenecken unten (Oberkante des fertigen Boots) zur Zentrumslinie oben messen. Er sollte auf beiden Seiten gleich sein. Die abschliessende Kontrolle per Augenmass zeigt, ob die Kiellinie gerade ist.

Qualität der Leisten
Eine absolut kompromisslos gute Qualität der zu verbauenden Leisten ist der Schlüssel für einen problemlosen Bau. Die von mir verwendeten Leisten entsprachen dieser Forderung leider nicht. Bei einigen war das Bett zu flach oder nicht genau in der Mitte, und bei einigen war die Rundung nicht genau in der Mitte. Zudem war die Maserung und damit auch die Härte der Leisten recht unterschiedlich. Das Resultat davon war tagelanges mühsames Schleifen. Und das muss nun wirklich nicht sein - siehe oben!  

Auflage der Leisten auf der Form
Wer wie ich ohne Heftklammern und ohne Schrauben arbeiten will, muss unbedingt darauf achten, dass die Zeder-Streifen immer sauber auf den Formen aufliegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Druck der neu aufgebrachten Leisten die bereits verklebten Rumpfteile von den Formen weg drückt. Am Einfachsten bekommt man das mit einigen rechteckigen Hilfsrahmen hin, die über das im Bau befindliche Boot geschoben werden. Von den Rahmen nach innen ragende Stempel und kleine Keile drücken den bereits verklebten Rumpf gegen die Form. Die Rahmen und die Stempel kann man mit Torx-Schrauben zusammenfügen - das ist schnell, hält zuverlässig und lässt sich auch leicht wieder zerlegen.

Eine andere Variante habe ich bei einem amerikanischen Bootbauer gefunden:
Er klebt innen im Boot das Ende einer Hilfsleiste rechtwinklig und stumpf an die im Entstehen begriffene Bootswand (mit demselben Leim, der auch für die Verklebung der Leisten untereinander verwendet wird). Dann zieht er die Bootswand an der Hilfsleiste nach innen, bis sie sauber auf der Form aufliegt. Schliesslich verschraubt er die Hilfsleiste mit der Form. Nach dem Ausformen des Rumpfs - die Schrauben für die Hilfsleisten müssen vorher entfernt werden - schlägt er die Hilfsleisten mit einem Hammer von der Bootswand ab. Das klingt für mich zwar etwas abenteuerlich, und ich habe das auch noch nie selber versucht. Aber er baut wirklichwunderschöne Boote ...

Weiterführende Informationen

Website Herausgeber / Inhalt

Biber Boote Schweiz

Ruedi Anneler, Kirchweg 4, 3294 Büren an der Aare, Schweiz
Muskelbetriebene Holzboote - Kanadier, Kajak, Ruderboot - Textilbespannter Holzrahmen, Sperrholz, Beplankt, Leistenbauweise
Informationen und Bausätze für den Selbstbau, Unterstützung beim Selbstbau, Bauen im Auftrag

Kanubauertreffen Schweiz

Paul Luginbühl
Organisation von Bootspräsentationen, gemeinsamem Paddeln, Erfahrungsaustausch und der Werbung für den Eigenbau von Kanus

Swiss Composite

Suter Kunststoffe AG, Fraubrunnen, Schweiz
Umfassende Auswahl an Flüssigkunststoffen, Faserverbundwerkstoffen, Werkzeugharzen, Modelliermassen, Harzen, Härtern, Klebern, Glas- Kevlar- Aramid- und Carbon-Geweben und Bändern, Fasern, Werkzeugen, Lacken und Beschichtungen für den Bootsbau

Viking

Viking Bürobedarf, Schweiz
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